Gedächtnis: Wie sich ein Schleimpilz erinnert
Der Schleimpilz Physarum polycephalum nutzt Veränderungen seiner internen Struktur, um sich an frühere Nahrungsquellen zu »erinnern«. Ursache sei ein Botenstoff, der die Röhren des netzartigen Organismus weicher macht, so dass sie sich aufweiten und so den Ort der Nahrung codieren, berichten Mirna Kramar und Karen Alim vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen. Wie sie in der Zeitschrift »PNAS« schreiben, bewahrt der Pilz die Information über den Ort des Geschehens über 30 Minuten und nutzt sie später als »Entscheidungshilfe«. Das sei quasi sein assoziatives Gedächtnis, schreiben die Forscherinnen.
Schleimpilze sind zwar extrem einfache Organismen, allerdings können sie komplexe Optimierungsprobleme lösen, zum Beispiel den kürzesten Weg durch ein Labyrinth finden. Reine Reiz-Reaktions-Muster, etwa entlang steigender Konzentrationen von Molekülen zu kriechen oder schädliche mechanische Reize zu meiden, können diese Fähigkeit nicht erklären. Wie solche Organismen jedoch Informationen aufnehmen und codieren, ist weitgehend unklar. Kramar und Alim berichten nun auf Grund von Versuchen mit dem Schleimpilz, dass sein Röhrensystem neben der direkten Reaktion auf die Gegenwart von Nahrung eine weitere, länger anhaltende Veränderung zeigt, die eine Gedächtnisfunktion haben könnte.
Die Teile des Pilzes im Kontakt mit der Nahrungsquelle setzen dabei einen Wirkstoff frei, der die gelartigen Wände des Röhrennetzwerks weicher macht, so dass sie sich durch den Innendruck aufweiten. Um was für einen Stoff es sich handelt, wissen die Forscherinnen noch nicht, sie zeigen aber anhand von Modellen der Veränderungen des Röhrendurchmessers, dass ein löslicher Stoff, der sich durch Strömung und Diffusion verbreitet, die plausibelste Erklärung des Phänomens ist. Der Mechanismus sei möglicherweise nicht auf Schleimpilze beschränkt, sondern auch bei anderen Organismen mit ähnlichen Netzwerken verbreitet.
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